Reisetagebuch

Blick über Klaipeda aufs das Kurische Haff
Blick über Klaipeda aufs das Kurische Haff

Polen: Ausspannen in Masuren

Heute brachen wir zur Heimreise auf. Seit drei Tagen böllerte um Mitternacht vor unseren Zimmerfenstern ein Feuerwerk. Ich vermute, dass es zur Belustigung der Club-Gäste stattfindet. Oben auf dem Dach des Hotels im 21. Stock ist die „Sky-Bar". Man hört Gekreische beim Zerplatzen der Böller. Die Zerknallen direkt vor meinem Fenster und reißen nicht nur mich unsanft aus dem Schlaf. So war es auch in dieser letzten Nacht im litauischen Klaipėda.

Osteuropäische Sommerzeit, adé

Um acht Uhr fuhren wir ab, stellten beim Grenzübertritt nach Polen unsere Uhren von der osteuropäischen Sommerzeit (März bis Oktober UTC+3 OESZ) zurück auf unsere mitteleuropäische und erreichten so um drei Uhr am Nachmittag  wieder das „Hotel im Park" am schönen Lampasz-See. Nach dem wie üblich bodenständigen, frisch zubereiteten Abendessen machten wir am großen Tisch beim Nachtisch eine Feedback-Runde, in der jeder von uns in drei Sätzen aussprechen sollte, was gut an diesem Arbeitseinsatz war und was beim nächsten  besser gemacht werden kann. Alle waren mit dem Ergebnis insgesamt zufrieden. Als ich an der Reihe war, sagte sich, dass ich als positiv empfunden habe, dass ich sehr viele verschiedene Aufgaben vom Baggerfahren bis zum Gedenkstein bemalen übernehmen durfte.

Mein Freund der Bagger
Mein Freund der Bagger

Darüber hinaus habe mich einmal mehr das Grundkonzept des freiwilligen Arbeitseinsatzes überzeugt, das durch die Vielfältigkeit der Teilnehmer ein gemeinsames Ergebnis erreicht, dass mit einer homogeneren Zusammensetzung vermutlich nicht zustande  gekommen wäre. Andererseits habe mich der aus dem Volksbund-Hauptquartier in Kassel erteilte realitätsferne Arbeitsauftrag konsterniert. Der hatte unter anderem gelautet, alle Wege zu erneuern. Dabei waren die Wege in einem fast tadellosen Zustand. Die Oberfläche auszutauschen, wäre mit einem wochenlangen Arbeitsaufwand verbunden gewesen, den eine Tiefbaufirma nicht aber ein Ehrenamtsteam hätte leisten können. Glücklicherweise hatte unser Einsatzleiter Bodo rechtzeitig die Notbremse für dieses Vorhaben gezogen. Als meine Kollege Julian und ich die erste Probeschaufel mit dem Bagger aus dem Weg rissen, hatte Bodo zum Telefon gegriffen und große Frustration für uns abgewendet.

Als Detail-Kritik merkte ich zusätzlich noch an, dass Desinfektionsmittel im Versorgungsbereich hätte greifbar sein sollen. Denn wenn sich fast 30 Menschen über zwei Wochen eine ungereinigte Dixi-Toilette teilen, ist das Potential für Magen-Darm-Infektionen groß. Busfahrer Jan warf ein, dass er den „ganzen Bus voll davon“ habe. Nicht nur vor diesem Hintergrund hätte ich den Bedarf nach mehr Handhygiene sofort anmelden müssen und nicht erst zum Schluss.

Präsidentinnensuite für mich

Nun bin ich zum dritten Mal im Hotel im Park im masurischen Jędrychowo. Dieses Mal habe ich die mit Abstand beste Unterbringung, den mir wurde eine zweigeschossige Ferienwohnung zugeteilt. Eine vierköpfige Familie hätte hier bequem Platz. Zwei Schlafzimmer mit Doppelbetten, Wohnzimmer, eine vollausgestattete Küche, Bad und Terrasse hatte ich zur Verfügung.

Das Haupthaus des Hotel im Park- ich war dieses Mal allerdings in einer zweigeschossigen Ferienwohnung untergebracht. Ganz für mich allein
Das Haupthaus des Hotel im Park- ich war dieses Mal allerdings in einer zweigeschossigen Ferienwohnung untergebracht. Ganz für mich allein

Es tat mir fast ein bisschen leid, dass ich nicht länger hier bleiben konnte. Aber auch dann hätte ich nur in einem der vier Betten schlafen können und ich entschied mich für das kühlere Schlafzimmer im Erdgeschoss. Die Ferienwohnungen liegen etwa einhundert Meter vom Haupthaus entfernt und es ist dort so ruhig, dass ich nichts als meinen  Tinnitus hörte.

Masurischer Abendfrieden

Den Laptop hatte ich mit ans Bett genommen, doch das war so herrlich, dass jeder Antrieb zum Video schneiden in mir erlahmte. Nach den zwei Wochen im schnieken Hotel in Klaipėda mit Hauptstraßenlärm, Huperei, Sirenen und mitternächtlichen Feuerwerk war die friedliche masurische Nacht ein Geschenk, das ich gerne annahm.

Related Articles

Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.