Reisetagebuch

Italien: Aquarellpanorama

Italien: Aquarellpanorama

Am Morgen recherchiere ich noch etwas Hintergründe für meine nächste Kolumne im GAB-Magazin. Die Ergebnisse wirbeln dann leider alles, was ich mir gestern bereits vorgenommen hatte zu schreiben um. Das Thema „No Cops at Pride“ ist doch vielschichtiger als ich angenommen hatte und auch meine Haltung bedarf einer weiteren Reflexion.

Über dem Gebirge hängen unübersehbare Regenwolken und nach dem Öffnen von Jalousien und Fenstern höre ich auch das Donnern.

Schon gestern in Florenz hatten sich Wolken am Himmel gezeigt, aber nicht entladen. Als wir mit dem Bus den Berg zum Futa-Pass hochfahren, läuft Wasser die Straße herab, aber der Regen ist schwach und reicht gerade einmal aus, um die Bodenoberfläche zu benetzen. Am Friedhof angekommen ziehe ich mir die Regenjacke über, brauch sie aber eigentlich gar nicht und sie ist mehr Ausdruck meiner Entschlossenheit, auch bei unbequemem Wetter den Arbeitstag zu beginnen.

Mein Traktor steht an der gewohnten Stelle, wir laden die Motorsensen auf ich fahre sie den Berg hinauf. Der Friedhof ist wie eine Schnecke angelegt, die sich zum Gipfel hinaufschraubt. Unsere fünf Sensenmänner sind mittlerweile auf der dritten Terrasse angekommen. Für mich bedeutet das nun drei Runden um den Berg herum. Oben kann ich dann nur schlecht mit meinem Anhänger wenden.

Der Regen ist längst weitergezogen, die Sonner scheint wieder und der Himmel bietet ein faszinierendes Panorama, zu dem ich mir notiere: „Vom Kriegsgräberfriedhof Futa-Pass sehe ich von oben über dem Poggio all’Aia Regen herabfallen und sechs Bergrücken des Apennins in abgestuftem Blau. Weiße Cumuluswolken darüber und ich empfinde das dringende Bedürfnis meinen Traktor sofort gegen einen Aquarellkasten zu tauschen.“

Daraus wird nichts, denn ich habe keinen dabei und muss außerdem eimerweise Sand auf meinem Anhänger zu zwei Arbeitstrupps transportieren, die die Grabplatten in Reih‘ und Glied ausrichten und wo nötig mit Sand unterfüttern. Damit ansonsten nichts allzu viel mit dem Traktor fahren muss, erledige ich Kleintransporte von Getränken, Geräten und Material zu Fuß. Sechzehntausend Schritte kommen so zusammen. Als ich wieder einmal den langgezogenen Betriebsweg hinunter zur Werkstatt fahre, muss ich einen längeren Halt einlegen, denn ein interessantes, großes, schwarzes Insekt mit langen Antennen kreuzt meinen Weg und ich möchte es gerne unversehrt lassen. Ich halte es rückblickend für eine Zikadenart.

Related Articles

Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.