Reisetagebuch

Dschungel-Trekking im Taman Negara

Heute ist Dschungeltag und ich werde mit ein paar anderen Bewohnern meines Guesthouse und einem einheimischen Führer zunächst tief in den Dschungel wandern. Etwa 9 Kilometer liegen vor uns. Die Tour wird angeboten als "1-Day-Trekking Park Center to Teras Waterfall über Bukit Indah".
Mit dem Boot fahren wir auf die andere Flussseite und laufen eine ganze Weile über einen Steg durch den Dschungel. An manchen Stellen sind seine Planken von den wilden Elefanten beschädigt. Während des COVID-Lockdowns waren sie in den Ort gekommen und haben hier und dort Verwüstung angerichtet. Auch in den vergangenen Wochen und Monaten waren wieder welche hier. Das lässt sich an den Dunghaufen erkennen, die wir an mehreren Stellen finden.

Leichte Wanderung zum Canopy-Walk

Es ist ein Spaziergang mit gelegentlichen Stopps, bei denen wir vor allem über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der am Wegesrand wachsenden Pflanzen belehrt werden. Eine Pflanze eignet sich als Sandpapier, mit dem man sowohl Maniküre betreiben, als auch Blasrohr-Pfeile polieren kann. Ein anderes Blatt kann man mit den Fingern zerreiben und die daraus entstandene Paste dann zur Blutstillung bei Wunden verwenden. Zum Beispiel bei solchen, die Blutegel einem zufügen. Im weiteren Verlauf wird das noch wichtig werden.


Nun geht es 400 Meter über eine Treppe den kleinen Berg hinauf. Ich falle schnell zurück und bin schließlich die lezte. Ich wandere auf meinen Reisen viel und auch hier in Malaysia fast jeden Tag. Eigentlich bin ich diesbezüglich gut im Training. Aber bergauf fehlt mir die Kondition. Schließlich komme aber auch ich oben am Gipfel des Hügels an. Hier beginnt der sogenannte Canopy-Walk. Eine Hängebrücke, die über 300 Meter durch die Baumkronen führt. Über sieben Podeste spannt sie sich und ist teilweise so hoch, dass ich nicht mehr nach unten sehen möchte und nur noch den nächsten Baum in den Blick fasse. Tiere sieht man hier oben keine. Man hört nur die Vögel. Das ist verständlich, denn weshalb sollten wilde Lebewesen, die scheu und zurückgezogen leben, sich in der Nähe eines so sonderbaren und ständig von lauten Menschen bekletteterten Bauwerks aufhalten. Der Canopy-Walk ist aber eine der Attraktionen des Parks, die auch für Menschen geeignet ist, die nicht das Abenteuer einer Dschungel-Wanderung eingehen möchten.

Die Wanderroute führt am Tembeling-Fluss entland aber man bekommt ihn durch das Dickicht selten zu sehen

Die Wanderroute führt am Tembeling-Fluss entland aber man bekommt ihn durch das Dickicht selten zu sehen

Tagestour in den Dschungel

Dieses Abenteuer beginnt nun. Denn hier ist der bequeme Steg zu Ende und es beginnt ein Urwald-Pfad entlang des Tembeling-Flusses. Obwohl wir etwa 30 Meter oberhalb des Flusses wandern, bleibt er durch das Dickicht des Waldes die ganze Zeit unsichtbar. Zunächst windet sich der Pfad noch weitgehend eben. Doch dort, wo Bäche in den Temebeling hineinfließen gibt es jedes Mal tiefe Einschnitte. Steil klettert man hinab bis zum Bachlauf. Freigespülte Baumwurzeln dienen als Tritte und Griffe. Die Verletzungsgefahr bei diesen Passagen ist hoch. Denn nicht nur, dass man ausrutschen könnte. Auch wenn in voller Bewegung ein Fuß unter eine der Baumwurzeln rutscht, ist er schnell gebrochen. Dort, wo noch mehr Hilfestellung nötig ist, sind Seile festgeknotet, an denen man sich hinab- und auf der anderen Seite hinaufhangeln kann.

Blutegel im Taman Negara

Die Aufstiege führen mich und einige andere schnell an die Konditionsgrenze, denn die Tritte sind oft sehr hoch und kosten viel Kraft. Rund um die Bäche herum werden auch Blutegel zm Thema. Auf feuchtem Boden halten sie sich auf. Zudem hat es am Vortag geregnet, so dass auch abseits der Wasserläufe immer Blutegel auf uns warten.
Es sind unscheinbare braune Würmer, die sich wackelnd senkrecht nach oben strecken, um eine Gelegenheit zu erhaschen, sich an vorbeikommende Lebewesen anzuheften. Im Dschungel kämpft naturgemäß jeder ums Überleben, wobei die Blutegel ganz vorne mit dabei sind.

Ein Blutegel streckt sich nach einem neuen Wirt

Ein Blutegel streckt sich nach einem neuen Wirt


Haben sie sich einmal irgendwo festgeklammert, wird man sie kaum mehr los. Sie kriechen dann unbemerkt bis zu einer Stelle, wo sie Haut erreichen können, beißen dann ein Loch hinein und lassen sich mit Blut volllaufen. Meistens merkt man das gar nicht und ohenhin ist es dann zu spät. Wenn sie sich vollgesogen haben, fallen sie von selbst ab. Das passiert nach ungefähr zehn Minuten. Dann hinterlassen sie eine etwa 2 Millimeter große, blutende Stelle. Ich stelle das erst fest, als Blut durch die Socken sickert. Denn eigentlich habe ich Vorkehrungen getroffen. Ob sie dann tatsächlich die Blutegel von ihrem parasitärem Werk abhalten können, steht auf einem anderen Blatt

Diese Tricks können gegen Blutegel helfen

Auf der Dschungelwanderung durch den Taman-Negara ist es sinnvoll, eine lange Hose anzuziehen. Die schützt vor Abschürfungen beim Überklettern der zahlreichen umgestürtzten Baumstämme auf dem Pfad. Vor allem kann man die Hosenbeine aber in die Socken stecken und so verhindern, dass die Blutegel innen in der Hose die Beine hochkriechen können. Deshalb ist es auch sinnvoll ein paar längere Socken (und nicht zum Beispiel nur Sneaker-Socken) dabei zu haben. Wenn man die Socken, Schuhe und die Hosenbeine mit Insektenschutz-Spray einsprüht, kann das noch zusätzlich helfen. Das mögen die Würmer nämlich nicht.
Alle diese Vorkehrungen werden die Blutegel nicht davon abhalten, Blut saugen zu wollen. Man macht es ihnen nur schwerer. Bei mir haben sich die Egel mehrfach mit dem Kopf durch die Socke gebohrt und mich so angezapft. Wahrscheinlich würden nur doppelte Socken, Neoprensocken oder Gummistiefel wirklichen Schutz bieten. Aber wer will schon in sowas in tropischen Gefilden wandern? Am besten man nimmt die Blutegel einfach als Teil dieses Dschungel-Abenteuers hin und verfällt nicht in Panik, wenn man einen an sich findet. Wenn man die genannten Vorkehrungsmaßnahmen trifft, werden es ohnehin nicht so viele. Wichtig ist jedoch, dass man die kleinen Wunden abends desinfiziert. Denn Schmutz und Staub können zu Entzündungen führen.

Dschungel-Trekking zum Teras-Wasserfall im Taman Negara

Ziel der Tagestour ist der Teras-Wasserfall. Um ihn zu erreichen, muss man das Flussufer verlassen und dem Bach folgen. Dabei ist sein Wasserlauf mehrfach zu überqueren. Auch wenn man erfolgreich über die schlüpfrigen Steine balanciert wird es nicht ganz ohne nasse Füße abgehen. Aber in spätestens einer Stunde werde ich bei bei dieser Tour ohnehin von Kopf bis Fuß klatschnass sein. Der Wasserfall ist etwa zehn Meter hoch. Gewaltiges Getöse darf man hier also nicht erwarten. Der Teich an seinem Fuß ist etwa 1,50 Meter tief und das Wasser kühl. Mehr als etwas herumplantschen kann man also nicht. Die Aufenhaltsqualität am Wasserfall ist leider insgesamt gering. Denn obwohl Baumstämme herumliegen, auf die man sich setzen könnte, kann man nirgendwo sorgenfrei die Füße hinstellen, ohne das Blutegel sie zu fassen kriegen. Ich habe mich schließlich auf einen Stein im Bach gesetzt und meine Wanderschuhe in etwa fünf Zentimeter tiefes Wasser gestellt, damit die Blutegel micht nicht erreichen konnten. Den Rucksack konnte man aber nirgends abstellen, denn auch an ihm würden sich ja die Blutegel festheften und von dort noch in ganz andere Körperregionen vordringen. Die 20 Minuten am Wasserfall dienten also nur als Verschnaufpause. Wirklich rasten konnte man dort nicht.

Verpflegung bei der Dschungel-Wanderung im Nationalpark

Alle Teilnehmer der Wanderung haben von der Agentur zwei große Flaschen Wasser, eine Packung Kekse, eine Mandarine und eine Styropor-Box mit gebratenenem Reis und einem Spiegelei als Wegzehrung bekommen. Sowohl das Wasser, als auch das Essen waren ausreichend. Hilfreich waren besonders die Kekse als Liefernat schneller Energie. Der Tour-Guide steckte mir noch ein Päckchen Elektrolyt-Pulver zu, dass er selbst von einem Wanderer geschenkt bekommen hatte. Ich empfehle auf jeden Fall, eine Elekrolyt-Mischung (ELOTRANS o.ä.) in ausreichender Menge dabei zu haben. Man schwitzt sich wegen der Anstrengung, der Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit die Seele aus dem Leib und verliert nicht nur Wasser, sondern auch wichtige Mineralsalze. Während der Pause am Wasserfall habe ich deshalb schlimme Krämpfe in den Oberschenkeln bekommen. Die Elektrolyt-Lösung sollte man deshalb schon beim Beginn der wanderung in die eigene Wasserflasche mischen, damit immer Mineralien beim Trinken nachgefüllt werden.

Beim Dschungel-Wandern verliert man viel Wasser und Mineralstoffe

Beim Dschungel-Wandern verliert man viel Wasser und Mineralstoffe

Rapid-Shooting durch die Stromschnellen

Vom Wasserfall sind es nur noch 500 Meter auf ebener Strecke bis zum Flußufer. Endlich ist man auch wieder zurück am Tageslicht, denn fast die gesamte Wanderstrecke von neun Kilometern geht man im Dämmerlicht des Regenwaldes. Am Ufer wartet schon ein langes Boot mit Steuermann, der uns heißt, unserer Rucksäcke und alles, was nicht nass werden darf, in große schwarze Plastiksäcke zu verstauen. Auch Schwimmwesten legen wir an. Schon gleich nach dem Ablegen steuern wir durch Stromschnellen auf dem Tembeling-Fluss hindurch und es schwappt gehörig Wasser ins Boot und über seine Passagiere. Ich werde von Kopf bis Fuß nass. Es scheint aber auch Ziel der Übung zu sein, nass zu werden, denn ich hatte den Eindruck, dass unser Führer das Boot noch zusätzlich aufgeschaukelt hat. Wenn nass, dann auch richtig.


"Rapid Shooting" mit dem Langboot durch die Stromschnellen des Tembeling-Flusses

Orang Asli: Bei den Ureinwohnern des Taman Negara

Nach etwa zehn Minuten Bootsfahrt legen wir am Flussufer an. Durch den weit nach oben geschwemmten Sand lässt sich erkennen, wie hoch das Wasser hier steigen kann. Etwa zehn Meter über dem jetzigen Wasserspiegel gibt es immer noch Sandbänke. Wir steigen den Hang hinauf und erreichen ein Dorf der Orang Asli. Das sind die Ureinwohner dieses Teils von Malaysia. Das Dorf ist unspektakulär. Einige Bambushütten und ein Palmdach mit zwei groben Hozbänken für Vorführungen vor Touristen. Lustlos bringt ein herbeigerufender junger Indigener einen Korb herbei. Die Erklärung übernimmt der Führer und er zeigt uns natürlichen Klebstoff, ein fast zwei Meter langes Blasrohr aus Bambus und die dazugehörigen Pfeile.
Wortlos macht sich der Orang Asli daran einen Blasrohrpfeil zu basteln und verschießt ihn anschließend auf ein etwa fünf Meter entferntes Ziel. Wir alle düfen uns im Blasrohr-Schießen üben. Schließlich zeigt uns der junge Dorfbewohner noch, wie man mit HIlfe eines Rattan-Triebes und eines Stücks Holz Feuer macht. Das schafft er ihn etwa drei Minuten und bei allen Demonstrationen sieht man ihm an, dass er sie täglich aber ohne jede Spur von Hingabe macht.

Ausgepowert

Auch bei uns Wanderern ist die Liedenschaft und das Interesse nicht mehr besonders groß. Wir sind alle erschöpft, nass, hungrig, müde und in der nassen Kleidung wird es auch kalt. Außerdem können wir nicht mir Sicherheit sagen, ob nicht irgendwo noch Blutegel an uns hängen. Das Bedürfnis zurück zur Unterkunft zu fahren bleibt bei uns allen unausgesprochen, ist aber allseitig hoch.
Die Bootsfahrt vom Orang-Asli-Dorf zurück nach Kuala Tahan, dem Hauptort des Taman-Negara-Nationalparks dauert noch einmal etwa zehn Minuten, dann erreichen wir den Anleger, verabschieden uns von dem Führer und schleppen uns zurück in die Herberge zu einer heißen Dusche und sauberer, trockener Kleidung.

Was man im Taman Negara-Nationalpark unternehmen kann

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Jessica Welt

Seit etwa drei Jahren lasse ich auf meinen Reisen einen GPS-Tracker mitlaufen und füge alle zurückgelegten Routen in diese Karte ein. Strecken, die ich auf dem Landweg zurückgelegt habe, kennzeichne ich orange, welche, die ich zu Fuß gelaufen bin in grün und die, die ich auf dem Wasser per Boot oder Schiff bewältigt blau.