Guten Morgen! Der Tag beginnt noch vor 6 Uhr im Hafen von Manila, wo meine Seereise nach Palawan nun so richtig beginnt. Trotz der frühen Stunde ist es noch dunkel. Die Vorfreude mischt sich mit einer gewissen Aufregung, denn alles wirkt ein bisschen chaotisch. In der nächsten Stunde stehe ich geduldig in verschiedenen Schlangen. Zuerst zahle ich die Hafengebühr, dann werde ich darauf kontrolliert. Anschließend folgt die Sicherheitskontrolle, bei der mein Gepäck durchleuchtet wird, zumindest dem Anschein nach.
Der Check-in-Prozess erfordert das Abreißen eines Streifens meines selbst ausgedruckten Fährtickets. In der großen Wartehalle, trotz der frühen Morgenstunden von einer schneidenden Kälte erfüllt, reihe ich mich in eine Traube ein, die ständig ihre Form verändert. Pakete, Kinder, Gitarren und Paddel werden vorne herumgereicht, und das Chaos nimmt seinen Lauf.
Durch die Tür geschoben, wird mein Ticket erneut kontrolliert, und ich stehe schließlich auf der Pier, vor einem imposanten Schiff mit dem Namen "St. Francis Xavier". Lautsprecherdurchsagen fordern uns auf, uns in Reihen aufzustellen und unser Gepäck abzustellen.
Warum wir alle unsere Gepäckstücke auf den Boden stellen müssen, verstehe ich nicht, bis ich erfahre, dass ein Polizeihund daran riechen soll. Der Schäferhund interessiert sich jedoch wenig für uns. Endlich geht es die Gangway zum Schiff hinauf, doch das Hinaufschaffen des Gepäcks gestaltet sich auf der schmalen Brücke schwierig.
Im Inneren des Schiffes angekommen, kontrollieren Stewards meine Fahrkarte und schicken mich eine Treppe höher. Auf dem Passagierdeck der Touristenklasse angekommen, beeindruckt mich die Enge der Schlafbereiche. Home sweet home, sage ich mir und versuche sofort, eine Koje mit Meerblick zu ergattern. Ein Steward sichert mir zu, dass er schaut, was sich machen lässt, sobald alle Passagiere an Bord sind. Bis dahin mache ich es mir auf meiner vorläufigen Koje behelfsmäßig bequem. Die Matratze ist dünn, das Kopfkissen flach, aber ich bin ja nicht auf einem Luxuskreuzfahrtschiff.
Die Durchsage über den Bordlautsprecher informiert über die Bettwäscheausgabe. Mit meinem zerknitterten Fahrkartenausdruck erhalte ich Bettlaken, eine Fleecedecke gegen Aufpreis und einen Kopfkissenbezug. Mein Reisepass als Pfand ist mir zu viel, also reichen 100 Pesos aus. Stolz bin ich nun Besitzerin eines Kopfkissenbezugs. Mit einer perfekt bezogenen Koje stehe ich da, während andere noch mit den Laken kämpfen. Unruhe herrscht im Schlafraum, also steige ich die Treppe hoch und gelange auf das gleißend helle Oberdeck. Die Reise hat begonnen.
Ich befinde mich auf dem Sonnendeck, das seinem Namen alle Ehre macht. Doch trotz des strahlenden Sonnenscheins habe ich warme Kleidung an, denn unter Deck ist es eiskalt. Nur fünf Minuten hier draußen, und ich fürchte, ich würde einfach verglühen.Die Hitze ist für mich noch ungewohnt, erst vor drei Tagen bin ich aus dem kalten Deutschland in das warme Manila angekommen. Die Luftfeuchtigkeit am Meer ist hoch, und meine Haut fühlt sich sofort klebrig an. Mit einem schwarzen Thermopullover für Motorradfahrten bin ich gerüstet, um gegen die kalten Klimaanlagen während der Seereise gewappnet zu sein.
Das Sonnendeck ist jedoch keine gute Idee für einen ausgedehnten Spaziergang. Ich erkunde es kurz und ziehe mich dann wieder in das kühle Schiffsinnere zurück. Nach einer kurzen Döse kommt der Steward vorbei, den ich sofort nach meinem Umzugswunsch frage. Glücklicherweise gibt er grünes Licht für meinen Fensterplatz. Ohne zu zögern tausche ich die Matratzen und Kopfkissen aus und richte mich in meiner neuen Koje ein. Ursprünglich war meine Koje weiter hinten, was jedoch nicht ideal war. Also habe ich den Steward auf dem Deck solange genervt, bis ich eine Koje mit Aussicht bekam. Auf einem Schiff wie diesem ist das fast schon wie die erste Klasse.
Nachdem ich meinen Willen bekommen habe, kann ich endlich ein wenig schlafen. Die Anspannung fällt von mir ab, und ich schlafe über das Mittagessen bis in den Nachmittag hinein. Als ich aufwache, sind wir längst ausgelaufen und haben fast die Bucht von Manila verlassen.
Ich erkunde das Schiff ein wenig. Im Speisesaal gibt es eine Karaoke-Maschine, und die Filipinos singen bereits aus voller Kehle, obwohl es erst halb fünf ist. Ich bleibe beim Kaffee und mache mich auf die Suche nach weiteren Einrichtungen. Ein kleiner Drogerieladen und ein Friseursalon befinden sich an Bord. Dann entdecke ich einen Gang mit der Aufschrift „ROOMS“. Überraschenderweise gibt es hier Einzelkabinen, was ich bei der Buchung nicht gesehen habe. Neben dem Drogeriekabuff gibt es sogar eine Kapelle mit Kniebänken. Hier bin ich Teil der christlichen Seefahrt, wie ich durch ein Gebet über den Bordlautsprecher vor der Abfahrt erfahren habe.
Der medizinische Behandlungsraum, in dem der Schiffsarzt ist, grenzt an die Messe. Hier können Passagiere bei Seegang Medikamente erhalten. Ein Stückchen weiter unten finde ich die Kojenklasse unter meiner, ohne Fenster nach außen, mit doppelt so vielen Stockbetten und weit mehr als hundert Matratzen. Hier gibt es wohl keine Kopfkissen, aber Matratzen sind vorhanden.
Leben an Bord während der Seereise nach Palawan
Ich stehe hier auf dem Sonnendeck und muss sagen, dass die Netze, die hier gespannt sind, die Sicht auf das Meer etwas beeinträchtigen. Aber andererseits sind sie ein notwendiges Mittel, um sicherzustellen, dass alle Passagiere am Zielhafen sicher ankommen und unterwegs keiner über Bord geht. Ich bin ziemlich sicher, dass das hier schon ein paar Mal passiert ist.
Ursprünglich hatte ich mich auf eine bewegte Schiffspassage nach Palawan gefreut, auf der es ordentlich schaukelt. Ich finde das herrlich, bei Seegang in der Koje zu liegen und dabei wunderbar zu schlafen. Doch das Meer ist heute flach wie ein Brett.
Ich werfe einen Blick auf die Kojenklasse unter mir. Eigentlich auch Betten, aber nicht mehr so schön und noch mehr in einem Raum. Es wäre hier sicherlich auch auszuhalten gewesen, aber der geringe Preisunterschied von gerade mal drei Euro hat für mich den Ausschlag gegeben. Warum also daran sparen?
Die Toiletten hier an Bord sind ziemlich einfach. Wasser steht auf dem Boden, es gibt keine Spülung, also muss man mit einem Schöpfeimer per Hand nachspülen. Da geht natürlich immer die Hälfte daneben. Aber wenigstens ist es nur Wasser. Glücklicherweise gibt es fließendes Wasser zum Händewaschen und sogar eine stark verdünnte Seife. Immerhin.
Die genaue Anzahl der Passagiere kann ich nicht sagen, aber es müssen einige Hundert sein. Wenn alle sich dasselbe Klo teilen, ist Händewaschen auf jeden Fall super wichtig. Ich habe zusätzlich immer noch Desinfektionsmittel dabei, denn auf so einem Schiff kann man sich schnell eine Magen-Darm-Geschichte einfangen. Und das ist wirklich unangenehm, besonders wenn man das Klo teilen muss.
In der Messe liegen unübersehbar die Schwimmwesten griffbereit. Auch in den Kojen gibt es welche. Offenbar haben sie aus vergangenen Fährunglücken hier gelernt. In der Durchsage wurde gesagt, dass unsere Rettungsboote sogar überdurchschnittlich sind. Ich hoffe, wir müssen das nie überprüfen.
Wenn ich irgendwo neu ankomme, schaue ich immer gleich nach dem nächsten Notausgang. Hier auf dem Schiff ist das nicht anders. Im Falle des Ernstfalls kann das den Unterschied zwischen Sein und Nichtsein ausmachen. Große Doppeltüren führen vom Passagierdeck hinauf zum Sammelpunkt für die Rettungsboote an Deck. Auf dem Weg stoße ich auf andere Rettungsmittel, die bereits genutzt werden – die Ladestationen für Handys.
Natürlich ist die Ladestation für Handys in der heutigen Zeit lebensnotwendig. Ohne sie geht hier überhaupt nichts. Zum Glück habe ich meine Powerbank durch die Flughafenbestimmungen geschmuggelt, sodass ich ein wenig unabhängig bin. Aber für meinen Computer brauche ich trotzdem Strom. Der hält so etwa drei bis vier Stunden, je nachdem, was ich mache, und dann ist er alle. Das bedeutet, dass ich mich heute Nacht, wenn er leer ist, mit Kleingeld bewaffnet an so eine Charging Station setzen muss, um mich wieder arbeitsfähig zu machen. Ein bisschen Arbeit muss schließlich auch sein, man kann nicht immer nur Schiff fahren.
Für fünf Pesos bekommt man hier 18 Minuten Strom. Das sind gerade mal 8 Cent. Für die Reederei ist das bestimmt noch eine zusätzliche Einnahmequelle. In der Nacht stehe ich eine Stunde mit meinem Laptop an einer dieser Ladestationen und tanke neue Energie, während ich daran arbeite.
Später mache ich einen Ausflug an Deck, diesmal in leichterer Kleidung. Doch mit meiner ungebräunten Haut und ohne Sonnenschutz kann die Nachmittagssonne der Tropen schnell Schaden anrichten. Das ist eigentlich total unvernünftig, halbnackt durch die Gegend zu rennen. Hier oben auf Deck verbrennt man wirklich schnell, aber es ist auch heiß wie in einem Backofen. Der Wind bläst zwar ordentlich, vielleicht Stärke drei bis vier, aber er ist heiß wie ein Fön.
Mitten auf dem Deck steht ein Matrose mit einer Farbrolle und streicht einige Stellen neu. Er ist von Kopf bis Fuß zum Sonnenschutz vermummt. Keine Flecken Haut ist zu sehen. Offenbar hat er Rost abgeklopft und muss jetzt nachstreichen. Das ist richtiges Seemannshandwerk.
Dann werfe ich auf dem Achterdeck einen Blick auf die Rettungsboote, nicht aus Sorge, sondern aus Interesse. Es hieß ja, wir hätten überdurchschnittliche Rettungsboote an Bord. Von außen sehen sie meiner Meinung nach durchschnittlich aus. Vielleicht haben sie ja eine Sonderausstattung, vergoldete Türklinken von innen oder so etwas. Von außen sind es jedenfalls normale Rettungsboote. Aber das reicht mir. Ein Rettungsboot ist ein Rettungsboot. Das ist ja nicht immer selbstverständlich.
Die Tatsache, dass Rettungsboote an Bord sind, sagt aber noch nicht viel darüber aus, wie eine Schiffsevakuierung ablaufen würde. Das weiß man leider von vielen Schiffsunglücken, bei denen Rettungsboote da waren, aber einfach nicht losgekommen sind. Deshalb zeige ich euch mal ein paar Punkte, worauf es außer den ordentlichen Rettungsbooten noch ankommt.
Ringsherum um die zugänglichen Bereiche des Decks sind senkrechte Netze gespannt. Die verhindern natürlich ein bisschen die schöne Aussicht aufs Meer. Andererseits sind sie ein gutes Mittel, um sicherzustellen, dass am Zielhafen genauso viele Leute ankommen, wie in Manila losgefahren sind, und nicht unterwegs immer ein paar über Bord gehen. Das ist wohl hier auch schon ein paar Mal passiert.
Ich hatte mich auf eine bewegte Schiffspassage nach Palawan gefreut, in der es richtig schaukeln würde. Ich finde das herrlich, bei Seegang in der Koje zu liegen. Da schlafe ich immer hervorragend. Doch das Meer ist heute flach wie ein Brett.
Der erste See-Tag meiner Reise nach Palawan neigt sich dem Ende zu. Das Abendessen bildete das letzte Highlight dieses Tages. Danach bleibt nicht viel zu tun.
Ich gehe unter Deck, denn um 23 Uhr machen wir den einzigen Zwischenhalt im Hafen von Coron auf einer Nachbarinsel nördlich von Palawan. Inmitten des Trubels von aussteigenden und einsteigenden Passagieren möchte ich sicherstellen, dass meine Habseligkeiten nicht versehentlich mit aussteigen.
Hier draußen ist wirklich gar nichts los, nicht mal mehr Dünung. Vorhin war wenigstens noch ein bisschen Bewegung auf dem Wasser. Auf der Backbordseite zeigten sich noch Wellenkämme vom Ostwind. Aber jetzt ist alles still. Später erfahre ich, dass die verschobene Abfahrt nicht den rauen Bedingungen auf See geschuldet war, sondern dem Dominoeffekt, den der vorhergehende Taifun ausgelöst hatte. Viele Schiffe in den Häfen der philippinischen Inselwelt waren durch den Sturm festgehalten worden, und es dauerte, bis sie alle wieder ihre Heimathäfen erreichten. Auch mein Schiff war zu seinem regulären Abfahrtstermin noch nicht in Manila angekommen.
Nachdem ich das Schiff ausreichend erkundet habe, schaue ich der Sonne hinterher, die im Südchinesischen Meer versinkt. Es war ein ereignisreicher Tag, geprägt von Verzögerungen und dem ruhigen Meer, das nun vor uns liegt. Ich bin gespannt darauf, was die kommenden Tage auf dieser Seereise bringen werden.