Geistige Bikini-Figur - Meine Dezember-Kolumne im GAB-Magazin

jessica purkhardt illuDie gute Nachricht zuerst: Ab diesem Monat werden die Tage wieder länger. Die schlechte ist, dass ausgerechnet der Sonntag in diesem Monat der kürzeste Tag des Jahres und der größte Teil des Dezembers darüber hinaus ziemlich dunkel sein wird.
Alleinsein fällt da noch schwerer als ohnehin schon. Neben allen rechtlichen, gesundheitlichen und gesellschaftlichen Widerständen, denen sich LGBT*IQ gegenüber sehen, ist Einsamkeit unter ihnen eine besonders verbreitete soziale Herausforderung.
Community bedeutet zwar Gemeinschaft, nichtsdestotrotz sind viele ihrer Mitglieder sehr alleine. Die Ursachen sind mannigfaltig, sie Aufzuzählen hilft nicht weiter, denn an den meisten kann man nichts ändern und mit Absicht in einer Winterdepression stürzen, wollen wir uns ja nun auch nicht.

Viel sinnvoller ist es, anzuführen, was hilft. Die bloße Investition in eine Tageslichtlampe und Alkohol tut es nicht. Das sehen wir an den Skandinaviern, deren Heimat bis über den Nordpolarkreis hinausreicht, wo es besonders lange dunkler Winter ist.

Wo Geselligkeit fehlt, muss man sie suchen. Glücklicherweise ist die LGBT*IQ-Szene diesbezüglich eine ergiebige Fundgrube. Beinahe jeden Tag bietet sie Kultur- und Unterhaltungsveranstaltungen von unterschiedlicher Tiefsinnigkeit.
Wer sich regelmäßig mit dieser soziokulturellen Lichtdusche abbraust, für die*den beginnt in diesem Jahr schon im Dezember der Frühling.

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The times they are a-changin‘ - Meine November-Kolumne im GAB-Magazin

„Es ist wie es ist“, lautet eine landläufige Floskel. Dabei stimmt das gar nicht. Die Dinge ändern sich und wir uns auch. Selbstvervollkommnung sei der Naturberuf des Menschen, verkündeten einmal die Humanisten. Soweit muss man nicht gehen. Unzweifelhaft lohnend ist aber sicherlich ein gesundes Maß an Selbstreflektion und Selbstverwirklichung. Voraussetzung dafür ist jedoch, sich selbst und den eigenen Lebensentwurf gelegentlich zu hinterfragen.

Für die allermeisten LGBT*IQ ist diese Selbst-Evaluation im Rahmen des inneren und äußeren Coming-Out-Prozesses unausweichlich. Das ist nicht leicht. War es nicht und wird es wohl auch nie sein. Gleichzeitig ist es aber gewissermaßen eine Pflicht-Chance. Denn die Mehrheit der hetero-  und cis-Personen kommt gar nicht in die Verlegenheit, sich selbst fragen zu müssen, ob man wirklich so leben möchte wie man lebt. Wenn die dann feststellen, dass Lesben, Schwule und Trans* aber so leben, dann kann das ein Gefühl der Unzufriedenheit erzeugen.

Der Nollendorfblog-Autor Johannes Kram vermutete neulich im Gespräch mit mir, dass es auch Homophobie geben würde, wenn es gar keine Schwulen und Lesben gäbe. Der größte Teil der Homophobie sei in Wahrheit Heterofrustration.
Ich fürchte die These hat einen wahren Kern.

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Reparaturanleitung für alles, was nicht kaputt - Meine August-Kolumne im GAB-Magazin

Kann man etwas reparieren, das gar nicht kaputt ist? Das Mofa meiner Jugend würde sagen: nein.
Es lief wie eine Nähmaschine, fuhr aber zu meinem damaligen Bedauern auch nur unwesentlich schneller. Deshalb fummelte ich so lange daran herum, bis es noch langsamer fuhr, dann nicht mehr ansprang und schlussendlich doch kaputt war.

Das war mir eine Lehre, die ich seitdem auf viele andere Alltagsbereiche anwende. Entsprechend habe ich nie verstanden, weshalb Menschen, die nicht krank sind, behandelt werden müssen und die Solidargemeinschaft der Krankenkassen auch noch dafür aufkommt.

In diesem Jahr ist es 25 Jahre her, dass in Deutschland der Paragraf 175 des Strafgesetzbuches abgeschafft wurde. Schon vier Jahre zuvor hatte die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität von der Liste der psychischen Krankheiten gestrichen.
Trotzdem war es hierzulande weitere 29 Jahre lang erlaubt, gesunde aber gleichgeschlechtlich begehrende Menschen mit sogenannten Konversionstherapien in die Hetero- oder Asexualität pressen zu wollen. 

Es ist höchste Zeit, dass jetzt ernsthaft ein Verbot dieser Quälerei angestrebt wird, in einem Land, in dem die Sicherheitsbestimmungen ansonsten gerne mal in die Bevormundung hineinreichen.
Warum das so lange gedauert hat? Nach meiner Diagnose waren früher wohl bei einigen Verantwortlichen entweder der Vergaser verstopft oder die Kolbenringe verschlissen.

Das Ende des Regenbogens - Meine Juli-Kolumne im GAB-Magazin

Wir schrieben Geschichte. Stonewall ist dabei schon mehr als Geschichte. Es ist zur Legende geworden. Wie es bei Legenden so ist, weichen sie mit jedem Jahr, das seit dem Ursprungsereignis vergangenen ist, ein bisschen mehr von den historischen Tatsachen ab. Gleichzeitig wird ihnen von Jahr zu Jahr ein bisschen mehr Pathos beigemessen. Unbemerkt halten irgendwann Drachen, Goldschätze, Heldenfiguren und göttlicher Einfluss Einzug und sie werden zu Sagen und dann zu Märchen.

Hört man sich an, wie wir uns manchmal gegenseitig die Ereignisse der Juni-Nächte in der Christopher-Street erzählen, könnte man den Eindruck gewinnen, vor 50 Jahren sei eine Phalanx muskulöser, schwuler Männer mit schweißglänzenden Oberkörpern für höchste Ideale einer uniformierten Übermacht entgegen getreten.
Nun, so war es nicht.

Vielmehr waren es Queers, Stricher, Transgender, Lesben und natürlich auch Schwule, die während einer Razzia, wie sie zuvor im Village schon unzählige Mal stattgefunden hatte, zunächst unwillkürlich einige organisatorisch labile und korrupte Polizeistreifen übertölpelten und mit ihnen Katz und Maus spielten.
Ähnliches hatte es in den Jahren zuvor auch schon in anderen US-Metropolen stattgefunden, war aber weitgehend undokumentiert geblieben.

Wichtig ist bei allem, dass wir weiter Geschichte schreiben und wenn in nochmal 50 Jahren am Ende des Regenbogens der Topf voll Gold aus der Stonewall-Legende auf uns wartet, soll es uns nur recht sein.

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